Lachen, Spritzen, Tauchen, Spielen: Am Dienstag bin ich mit der Kindergartengruppe der Fünfjährigen ins Schwimmbad gefahren, was für mich ein großes Highlight war. Erst die wilde Autofahrt im völlig überfüllten Bus, dann rein ins Wasser, das in kürzester Zeit ein brodelnder Teich mit lachenden Kindern war, Brotzeit machen, weiter mit Bällen und Luftballons spielen, und dann völlig fertig, aber zufrieden heimkommen. Immer wieder gibt es solche Momente, wo ich ganz hier ankommen und ausgelassen sein kann. Und dann gibt es immer wieder auch Herausforderungen, wo ich nicht weiter weiß und mir wünsche, dass alles ganz anders wäre – so wie ich es eben gewohnt bin. Im Freiwilligendienst bin ich immer wieder mit beidem konfrontiert, deshalb hier meine Top drei Highlights und Herausforderungen.

Hightlights
Zeit mit den Kindern verbringen
Sobald morgens die ersten Kinder eintrudeln oder es zur Pause klingelt, freue ich mich darauf, einfach auch abseits vom Unterricht für die Kinder da zu sein. Ich bekomm lustige Geschichten zu hören, werde alle möglichen Sachen gefragt oder spiele mit den Kindern. Egal ob Schere-Stein-Papier oder Seilspringen, es gibt immer etwas zum Lachen. Zwischendurch tauchen dann doch Konflikte oder Streitereien auf, die ich zu schlichten versuche. Oder ich kümmere mich um ein Kind, das beim Spielen hingefallen ist. Im Kindergarten bekomme ich alle möglichen Mahlzeiten serviert (Kaffee, Fisch, Kuchen) oder darf mit Kuscheltieren herumhüpfen. Was mich immer freut, ist, wenn ein Kind der 1. Klasse kommt und fragt, ob ich mit ihm lesen will. Viele Kinder haben da Schwierigkeiten und schämen sich leider auch. Dass sie sich dann von sich aus trauen, zu mir zu kommen, ist eine wirklich große Ehre.
Ausflüge
Der Schulalltag ist zwar abwechslungsreich, es tut aber trotzdem immer mal wieder gut rauszukommen. Egal ob Ausflüge wie der ins Schwimmbad, eine Wallfahrt auf den Mont Koum oder ein spontane Fahrt nach Äquatorialguinea, um eine Schwester abzuholen – danach bin ich müde und zufrieden. Jedes Mal lerne ich einen neuen Aspekt des Landes kennen, was total spannend ist. Der Regenwald ist eine wohltuende Abwechslung zum Stadtleben und nach einem Tag Urlaub am Pool muss ich erstmal checken, dass ich nicht Sommerferien in Italien mache. Und egal ob mit den Schwestern, Kindern oder Internatsmädchen: Gemeinsame Unternehmungen stärken die Gemeinschaft und Freundschaften.
Abende im Internat
Was mir mit den Schwestern und Kindern fehlt, ist Zeit mit Gleichaltrigen. Umso mehr genieße ich die Abende im Internat. Mit zwei Mädchen in meinem Alter habe ich mich richtig angefreundet und kann dann erzählen, was bei mir gerade so los ist, oder zuhören, was sie gerade beschäftigt. Und auch mit den Jüngeren ist es immer nett, wenn ich mit ihnen koche oder Englisch übe. Samstags ist Filmabend und da wird dann heiß diskutiert, gelacht oder auch ein paar Tränen vergossen, wenn der Film sehr dramatisch ist. Der Austausch tut mir auf alle Fälle immer richtig gut!
Herausforderungen
Kommunikation
Da ist zum einen die Sprachbarriere. Mein Französisch ist eigentlich ganz gut und ich komme damit zurecht, verstehe aber trotzdem ganz vieles nicht auf Anhieb. Immer nachfragen zu müssen und verwirrt zu schauen, während alle anderen den Witz verstanden haben, kann ganz schön anstrengend sein. Es ist schwieriger, auf andere zuzugehen und den Kontakt zu suchen, wenn jeder Satz für einen wiederholt werden muss und man sich wie eine Last fühlt. Dankbar bin ich dabei immer für die Kinder, die einem das ehrlich reflektieren, wenn man einen total simplen Satz nicht checkt, den dann aber mit einer Engelsgeduld wiederholen, bis man ihn endlich versteht.
Das andere ist die Organisation, das Bescheidgeben, Absprechen, Planen und in den Kalender eintragen. Das findet hier so ganz anders statt. Oft gehen Dinge unter, werden nicht angekündigt, finden dann doch sehr spontan statt oder kollidieren. Und oft verstehe ich auch erst im Nachhinein, was eigentlich gerade passiert ist. Inzwischen nehme ich das Ganze aber nicht mehr so ernst.
„Anna, wo gehst du denn hin, steig doch ins Auto!“, sagt die Präaspirantin zu mir.
Ich zucke mit den Schultern, steig ein und frage: „Wohin fahren wir überhaupt?“
Wir haben beide sehr laut gelacht.
Autorität vor den Kindern
Eine der größten Herausforderungen im Schulalltag ist, dass die Kinder selten das befolgen, was ich ihnen sage, wenn es um Ruhe, Ordnung oder Aufmerksamkeit geht. Das liegt vor allem an der anderen Gesellschaft, die feste Hierarchien, hohen Leistungsdruck und autoritäre Erziehung gewohnt ist. Oft ist diese leider auch mit Gewalt verbunden. Sich dann als Volontärin den Respekt einer Klasse von vierzig Schülern zu verschaffen, ist eigentlich unmöglich. Und auch nicht meine Aufgabe, ich bin immerhin Freiwillige und nicht ausgebildete Pädagogin. Wenn man diese Klasse dann aber trotzdem einen ganzen Vormittag lang beaufsichtigen soll, ist das sehr frustrierend. Man wird viel ausgetestet und anfangs auch ausgenutzt und gleichzeitig ist die eigene „Nettigkeit“ für die Kinder sehr verwirrend. Mir ist es aber lieber, dass ich ein weinendes Kind (egal welchen Alters und Geschlechts) tröste statt dessen „Babyverhalten“ zu schimpfen, und dafür dann weniger Autorität habe. Das ist es mir wert.
Auffallen durch die Hautfarbe
Sobald ich irgendwie rausgehe, ist das sofort ein Thema. Man wird angeschaut und als „la blache“ (die Weiße) oder „la Francaise“ (die Französin) angesprochen. Sehr sehr oft bekomme ich Komplimente für mein Aussehen und wenn ich mit einer anderen Person unterwegs bin, liegt der Fokus trotzdem sofort auf mir. Verbunden damit sind natürlich auch Vorurteile über Reichtum, Bildung und Lebensweise. In der Schule haben sich die Kinder inzwischen daran gewöhnt, dass ich weiß bin, und die Phase, in der alle gleichzeitig in meine Haare fassen, ist vorbei. Teilweise haben die Kinder aber auch noch nicht ganz verstanden, was es mit der Hautfarbe auf sich hat.
„Anna, warum sind deine Haare schwarz, wenn du doch weiß bist?“
„Was sind das für komische Punkte auf deiner Haut?“ (Antwort: Muttermale)
„Bist du so auf die Welt gekommen?“
Herausfordernd können für mich dann auch Konflikte unter den Kindern sein. Ein Mädchen kommt weinend zu mir und sagt: „Jemand hat mich beleidigt!“
„Was hat die Person denn gesagt?“, frage ich.
„Sie hat gesagt, dass ich schwarz bin.“
Die Herausforderungen hier geben mir auf alle Fälle viel zum Reflektieren mit. Weil es aber auch so viel Schönes gibt, kann ich an den Schwierigkeiten total viel wachsen und bin dankbar für alles, was ich hier lernen darf.
Und damit viele Grüße aus Oyem und eine schöne Osterzeit!