In meinem Post „Mein Blick auf Afrika“ habe ich erzählt, wie sich meine Perspektive auf Afrika durch meinen Freiwilligendienst hier verändert hat. Jetzt dachte ich, dass es doch mal interessant wäre, die Perspektive einer Person zu hören, die ich hier kennengelernt habe, und hab sofort an Sandrine gedacht, die hier an der Grundschule als Lehrerin arbeitet. Sie hat sich auch zu einem Interview bereiterklärt und herausgekommen ist dieses spannende Gespräch.
Sandrine ist seit 2014 Lehrerin an der Don-Bosco-Grundschule der Schwestern und unterrichtet dieses Jahr die 3. Klasse. Da sie schon so lange hier arbeitet, hat sie viel Erfahrung in der Arbeit mit den Kindern, den Schwestern und auch Freiwilligen.
Hinweis: Das Gespräch haben wir natürlich auf Französisch geführt. Ich habe das so gut wie möglich ins Deutsche übersetzt und dann nochmal den Inhalt mit Sandrine besprochen, sodass ich ihre Gedanken möglichst genau widergebe.

Bonjour, Sandrine! Wie sieht deine Arbeit mit den Kindern hier aus?
Bonjour, Anna! Dieses Jahr unterrichte ich die 3. Klasse. Dazu gehören die verschiedenen Fächer wie Französisch, Mathe oder Éveil (vergleichbar mit Heimat- und Sachkundeunterricht), wobei das Lesen die Grundlage ist. Der Tag beginnt für mich immer mit dem Empfangen der Kinder. Danach kommt der Morgenappell, wo wir mit den Kindern singen und ihnen einen Impuls für den Tag mitgeben. Dann geht es auch schon los mit dem Unterricht.
Was bedeutet es für dich, in einer Don Bosco-Schule zu arbeiten?
Das, was diese Schule von anderen Schulen unterscheidet, ist das Präventivsystem. Das heißt, dass wir immer für die Kinder da sind und versuchen, sie liebevoll auf ihrem Weg zu begleiten. In den Pausen beispielsweise sind wir Lehrkräfte an verschiedenen Orten als Assistenten eingeteilt, wo wir die Kinder beaufsichtigen und ihnen bei Bedarf helfen. So lernen wir die Kinder gut und persönlich kennen. An anderen Schulen gibt es dafür extra Aufsichtskräfte, da sind die Lehrkräfte nur zum Unterrichten da.
Funktioniert das Präventivsystem?
Für die Kinder ist es ein gutes System, weil sie ganzheitlich gesehen und begleitet werden. Dadurch können sie sich gut entwickeln, sind aber auch sehr „lebhaft“. Für die Lehrkräfte ist es deshalb ganz schön anstrengend von 7:30 Uhr bis 14:30 Uhr ununterbrochen für die Kinder da zu sein. Da ist man am Ende des Schultages sehr erschöpft – und oft stehen dann weitere Arbeiten wie die Unterrichtsvorbereitung an. Eine Pause zwischendurch würde uns schon guttun.
Während deiner Arbeit hier hast du mehrere Freiwillige kennengelernt. Was sind da deine Erfahrungen?
Genau, ich glaube insgesamt waren es vier Freiwillige aus Europa, die vor dir da waren. Sie haben oft Englisch unterrichtet, waren aber auch alle unterschiedlich von ihrer Persönlichkeit, ihren Aufgaben und ihrer Aufenthaltsdauer.
Werden Freiwillige hier denn immer willkommen geheißen?
In der Schule schon. Auch ich selbst störe mich nicht daran, dass jemand eine andere Hautfarbe hat – für mich sind alle Menschen gleich. Es gibt aber auch viele Menschen hier, die aufgrund der Geschichte eine Wut gegenüber Weißen empfinden. Da ist es wichtig, diesen Menschen mit Verständnis und Liebe zu begegnen.
VIDES ist ja ein internationaler Freiwilligendienst. Ich hab von den Schwestern gehört, dass es auch hier schonmal eine VIDES-Gruppe an Freiwilligen gab. Wie denken hier junge Menschen darüber, selbst einen Freiwilligendienst zu machen?
Gerade junge Menschen finden die Idee gut und wären bereit zu einem Volontariat. Problem ist dabei oft die Finanzierung sowie die vielen Papiere, die es braucht. Gleichzeitig ist es in der Gesellschaft nicht so angesehen, ohne Gegenleistung zu arbeiten, wie es bei einem Freiwilligendienst ja der Fall ist. Manche Christen sind bereit zu Geschenken, aber mehrere Monate für viel Geld ins Ausland, um dort ohne Bezahlung zu arbeiten – das stößt auf Unverständnis.
Was würdest du zukünftigen Freiwilligen mitgeben, die ihr Volontariat hier machen wollen?
Zum einen würde ich sagen, dass es wichtig ist, sich Zeit zu lassen. Wenn jemand nur wenige Monate da ist, ist es schwierig, sich auf die Menschen und die andere Kultur einzulassen.
Zum anderen ist es für mich wichtig, dass Freiwillige sich für unsere Kultur und Traditionen interessieren. Ich finde es schön, wenn Freiwillige sich aktiv einbringen, auf uns zugehen und nicht nur zum Arbeiten, sondern auch als Mensch da sind.
Vielen Dank, dass du deine Erfahrungen geteilt hast!
Gern, es war mir eine Freude.